Berlin – mit „Flamenco Vivo“ in der Passionskirche in das neue Jahr
Die Gitarre beginnt, die Viola stimmt ein, Tänzerin und Sängerin rhythmisieren und mit superschnellen Contrapalmas verspricht schon das erste Stück, „Soléa – la Fiesta“ mehr die fröhliche als die traurige Seite des Flamencos.
Unter dem Label „Flamenco Vivo“, übersetzt lebendiger Flamenco oder Flamenco lebt, reiste diese Flamencokonstellation drei Monate lang mit acht Vorstellungen durch deutsche Städte mit Abstecher nach Basel und Zürich und vorläufiger Endstation Berlin.
„Flamenco Vivo“ steht für ein abwechslungsreiches Nummernprogramm, das dem Laien-Publikum die Vielseitigkeit des Flamencos nahe bringen will und von Sängerin Carmen Celada charmant moderiert wurde.
Alternierend tanzten Cayetana de Ronda und Simone Abrantes, zwei Freude strahlende Tänzerinnen mit authentischer Bühnenpräsenz, oft mit den Show-Assessoires des Flamenco. Cayetana de Ronda präsentierte eine kokette „Alegria“ mit Hut, „Bamberas“ ungewöhnlich rasant mit raffinierten Bewegungseffekten der Bata de Coda und eine drehfreudige Interpretation der „Asturias“, strahlte dabei ein ums andere mehr und vermittelte eine ansteckende Freude am Tanzen.
Simone Abrantes belebte die an sich rhythmisch sehr gleichförmigen „Colombianas-Guajiras“ durch ihre liebenswürdige Ausstrahlung und verführerische Fächerbewegungen als sinnlich charmantes Spiel um Annäherung und Distanz und zeigte mit ihrer Interpretation der „Soleares“ berührenden Flamenco-Tiefgang.
©Michaela Schabel
Der fehlte nach dem beeindruckenden Beginn mit dem Stock, perkussiv von den Instrumentalisten und der Sängerin unterstützt, allerdings der „Martinete“, wo der Stock zur dekorativen Umrahmung degradierte. Fröhlich gesellig wirkte das von Cayetana de Ronda entwickelte Kastagnetten-Quartett mit tänzerischen Elementen.
Mit nur zwei Instrumentalisten zeigte der Abend dennoch eine profunde musikalische Basis. Gitarrist George spielte sich nicht solistisch in den Vordergrund, doch wirkte die Gitarre im ersten Teil, u. a. in der Instrumentalversion „Orient Express“ durch das Mikrophon in Kombination mit dem in der Kirche zu laut. Das Herzstück des Abends war allerdings das subtile Spiel Azusa Krists auf der Viola.
©Michaela Schabel
Sie machte die Spannbreite der fröhlich überbordenden und melancholisch tiefgründigen Facetten des Flamenco zwischen „Rumba“ und „Soleares“ hörbar und bewies einmal mehr, dass Flamenco lebt und sein ambivalentes Lebensgefühl durchaus auch von anderen Instrumenten bestens interpretiert werden kann.
Carmen Celada ist zwar keine allzu typische Flamencosängerin, bestach aber durch ihre lebensfrohe Ausstrahlung und öffnete mit der Interpretation von „La Luna“ Flamenco Richtung Popkultur.
Mit einer ruhigen „Tango Zorongo“ verabschiedete sich „Flamenco Vivo“ vom begeisterten Publikum, das nach einer „Buleria“-Zugabe mit lässiger Perkussion auf einer Mineralwasserflasche fröhlich in die Berliner Silvesternacht entlassen wurde.