La Chanas Füße trommeln wie ein Schlagzeug. Der Schweiß perlt ihr von der Stirn. Ihr Körper vibriert. Im Tanz ist die Flamencotänzerin ganz bei sich, so war es zu Beginn, so ist es bis zu ihrer letzten Vorstellung.
Lucija Stojevic zeichnet ein wunderbares Porträt, La Chana zu Hause, mit Hündchen, beim Abendessen mit Freunden und natürlich immer wieder beim Tanzen. Die Film kreist um La Chana, erzählt fast allein aus ihrer Perspektive. Nur ihre Tochter und ihr zweiter Mann kommen kurz zu Wort…
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Schon als Kind war Antonia Santiago Amador, so ihr bürgerlicher Name, vom Tanzen begeistert. Über das Radio lernte sie den Rhythmus. Die ersten Zapateados tanzte sie im Sand der staubigen Wege. Der Onkel erkannte ihr Talent, brachte sie zur Bühne und sie nannte sich nach ihrem Onkel „La Chana“, was so viel bedeutet wie eine die etwas weiß.
Sie wusste zu tanzen, hatte den Rhythmus, wozu sie immer improvisierte, denn die Schritte selbst konnte sie sich ohnehin nie merken. Es ging ihr nie um irgendeine Choreographie. Der Tanz wurde das Ventil ihrer Seele. Im Tanz fühlte sie sich frei, lebte sie ihrer Leidenschaftlichkeit, die sie für die Entbehrungen des Lebens entschädigte.
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Während sie auf der Bühne einen Erfolg nach dem anderen feierte, wurde das Leben hinter den Kulissen zur Tragödie, obwohl alles sehr verliebt und harmonisch begonnen hatte. Sie verliebte sich in den ersten Mann, der sie hartnäckig verehrte. Mit 18 Jahren kam ihre Tochter zur Welt. Der Ehemann förderte und managte sie. In Barcelona kam Dalí täglich ins „Tarantos“, um sie zu bewundern. Mit Peter Sellers drehte sie einen Film. Sie bekam internationale Angebote. Doch kaum war der Höhepunkt der Karriere erreicht, zwang sie ihr Mann mit dem Tanzen aufzuhören. Trotz Schlägen und gebrochenen Rippen verließ sie ihn nicht, weil bei den Romas der Mann das Sagen hat. „Er ist der Besitzer, die Frau die Dienerin“, bekennt La Chana. Nur beim Tanzen hatte sie das Sagen. Das verletzte seine Eitelkeit. Was sie aufgebaut hatte, machte er kaputt. Er nahm ihr alles und ließ sie völlig verarmt sitzen. Fast sieben Jahre lebte sie mit ihrer Tochter auf der Straße.
Aber La Chanas Traum vom Tanzen war stärker und sie eroberte noch einmal die Bühne, machte wieder beim Tanzen die Türen zu ihrem Innersten auf, aus dem die Wildheit einer verletzten Seele bei jeder Aufführung erneut eine ungewöhnliche Energie entfesselte, und ihr Körper wie in Trance dem Rhythmus folgte. Das kann sie auch noch mit kaputten Knien.
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Ihre letzte Vorstellung tanzt sie sitzend im Stuhl, vom Schlagzeug begleitet. Der Flamenco hat sich gewandelt. La Chana tanzt ihn traditionell, immer noch mit denselben, atemberaubenden schnellen Zapateados und wild expressiver Gestik, tief atmend purer Ausdruck einer aufgewühlten Seele.
Ihr zweiter Mann, ein Tangotänzer, „ein Geschenk Gottes“, so La Chana, ist wohl ihr größter Bewunderer. Ihre Tochter dagegen verweigerte sich, ihrer Mutter beim Tanzen zu bewundern. „Ich sah eine Urkraft auf der Bühne, die zufällig so aussah, wie meine Mutter. Ich hatte Angst, dass ihr diese schöpferische Kraft wehtun würde. Was wäre, wenn sie plötzlich sterben würde.“
La Chana lebt, eine Ikone des Flamenco.